Das, ungefähr, ist die Rahmenhandlung eines Theaterspaziergangs (Konzept und Pudel-Moderation: Katharina Schweissguth), in dem sich „Der bairische Faust“ vom Senninger Hans schon zweimal abgespielt hat. Eine sehr prägnante, verständliche und vor allem bairische Kurzversion des „Faust“ von Goethe. Die zehn Szenen wurden so natürlich an ausgesuchte Spielorte platziert, dass die Frage, ob Goethe jemals in Giesing war, sich für das Publikum am 5. Mai (über 50 Personen), am 12. Mai 2018 (über 35 Personen) nicht stellte.
Die Straßentheateraktion entstand als Kooperation der Poesieboten e.V. mit der MVHS, unterstützt vom Giesinger Stadtteilladen.
Der Autor Senninger trat selbst als Fabulus (eine Art Erklärbär) immer wieder in die Szenen ein und arbeitete in astreinem Bairisch die Handlung heraus. Die amüsante Verwandlung des depressiven Gelehrten in einen liebeslustigen Vorstadtstenz gelang Richard Maresch als Dr. Heinrich Faust sehr glaubwürdig. Noch größere Gefühlsschwankungen bewältigte Marid Schaper als Greterl: Vom sittsamen Mädel, über die erhitzte Geliebte bis zur reuigen Sünderin nahm sie die staunenden Theaterflaneure auf eine wahre Gefühls-Berg- und Talfahrt mit. Wie ein dramatischer Derwisch sprang Lothar Thiel alias Mephisto ins Geschehen und stachelte dabei die tragische Handlung hinterfotzigst an. Mimisch expressiv – ein Giesinger Gustaf Gründgens!
Einen kurzen, dafür sehr eindrücklichen Auftritt legte Gretels Bruder Valentin, alias Karlheinz Leonti aufs Parkett – hier die Planken des Eisenbahnbrückerls zum Kronepark. Die logistische Kraft, die die fahrende Theatertruppe im Innersten zusammenhielt, war Chris Uray, die auch ihr Talent als Dichterin bei der Walpurgisnacht entfaltete. Bei dieser Mitmachszene im wunderschönen Innenhof des St. Alfonsheims gaben auch einige Dichter und Dichterinnen des Poesiebriefkastens unterm Maibaum ihre Werke zum Besten.
Während des Spaziergangs spielte, mittelalterlich gewandet, Leonie Kaboth gut gelaunt romantische Weisen auf ihrer Klampfe und untermalte die spannenden Szenen auf ihrer Trommel.
Zusätzliches Schmankerl: Das Gstanzl "Heit kimmt da Faust zu mir" von Katharina Schweissguth fasst in Anlehnung an "Heit kimmt da Hans zu mia" den ganzen Faust in wenigen Strophen zusammen.
Geradezu überwältigt wurden die Flaneure am 5. Mai, als sie zum Schluss die Heilig-Kreuz-Kirche betraten. Das explosive, spannungsgeladene Orgelsolo von Thomas Renner empfing sie wie ein Wiederhall des faustischen Universums.
Und der höllische Außendienstpudel? Der tat sich schwer in Giesing. Die schlagfertigen Mitglieder des Bündnis „HeimatGiesing“ bedrohten ihn sogar mit einem Reisigbesen. Daneben gab es etliche Giesinger, die ihre Seelen partout nicht hergeben wollten, weil sie sich höchstens wünschten, alles möge so bleiben wie es ist. Wenn überhaupt, wollte eine Dame aus Schweden eine Wohnung in Berlin für ihre Seele eintauschen. Drei Giesinger Gäste des Hohenwart hatten ihre Seele bereits für eine halbe Bier in Zahlung gegeben! Doch der Sparifankal wäre nicht der Sparifankal, wenn er aufgeben würde. So lautet das Versprechen der höllischen Theatertruppe: „Wir kommen wieder am 8. September 2018 im Rahmen von ‚Ois Giasing‘“.
© Katharina
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Danke
Für die Kooperation: MVHS, Stadtbereich Ost
Für die Förderung: Soziale Stadt Giesing
Für die Räumlichkeiten: Pfarrei Heilig Kreuz, Msgr. Engelbert Dirnberger
Für den Innenhof: St. Alfonsheim
Für „Auerbachs Keller“: Gastätte Hohenwart
Für die Fotos: Monika Edwards (ME), Thomas Schwarz (TS), Klaus Müller (KM), Lothar Thiel (LT)
Für das fulminante Orgelsolo: Thomas Renner
Für die fabelhafte musikalische Begleitung: Bardin Leonie Kaboth
Fürs humorvolle Mitmachen: Bündnis HeimatGiesing
Für ihre dichterischen Beiträge zur Walpurgisnacht: Den PoetInnen Maria Sperber, Ulrike Brandl, Josefa Weindl, Angelika Genkins, Zauberblume (Brigitte Obermaier), Walter Grassl, Chris Uray, Madalina Sora-Dragomir, Lothar Thiel
Für die organisatorische Hilfe: Wolfgang Senninger
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