Brieftaube das Logo des Poesie-Briefkastens
Poesie, Lyrik, Logo des Poesiebriefkasten
Poesie-Briefkasten
Wirtstraße 17
81539 München

Gedicht des Monats

September 24 von Andrea Balnat-Schmude



Im Rahmen des Theater-Spaziergangs „Jedamo" findet an der Ruine des Uhrmacherhäusls in München-Giesing eine Versteigerung statt. Das Publikum bietet mit. Mit Gspusi-Musi.




München schillert

Gedichte aus dem Poesiebriefkasten von 111 PoetInnen; Euro 14,90; Taschenbuch; Erhältlich bei amazon, Smart+Nett oder Ihrem Buchhändler; Infos


Gedicht des Monats - Poetische Soirée

Über 40 Neugierige und Poet*innen trudeln am Mittwoch den 23. Oktober in der Giesinger Bibliothek ein, gespannt auf die Präsentation des Kalenders „Gedicht des Monats 2020“. Das bunte Blätterwerk mit zwölf handverlesenen Gedichten wird gebührend mit einer poetischen Soirée gefeiert.

Nach der herzlichen Begrüßung durch die Bibliotheksleiterin Gerlinde Zimmermann eröffnet Andrea Mucha fröhlich die offene Bühne mit tanzenden Sternen, Popcorn und Eiscreme im Zug zwischen München und Berlin.

Kinder, die nicht lachen können, Kinder, die „wie Geister klingen“. ­ Die Kinder im Jemen leiden, nicht nur in der spendenfreundlichen Vorweihnachtszeit.  Thomas Fleckenstein appelliert mit „Stille Not“ ans Nicht-Wegschauen und Handeln und trifft mitten ins Herz.

Wo ist eigentlich Heimat? Da wo man sich wohlfühlt? Wo die Menschen leben, die man liebt oder da, wo die Eltern begraben sind?, fragt sich Michaela Hug-Szajer mit treffenden Worten.

Während Katrin Bohland alias Phoebe Zeilen fühle ich mich eigentümlich gefangen im Jetzt. Doch es gibt einen Ausweg aus der Dauergegenwart: Das Machen, es ist ein Weg und ein Weg ist Zukunft.  

Der jüngste Teilnehmer, der elfjährige Numa, hat sein Gedicht seinem Hund gewidmet, ein Freund, der treu, aber ungeheu ist.

Ziemlich ehrlich ist Max Bauer. Seine empfundene Einsamkeit hat sich in leidenschaftlichen Worten zu Papier gedrängt.

Ein Dreigenerationen-Fahrrad zieht sich als rote Konstante durch die wechselvollen Schicksale von ihrer Mutter, von ihr Madalina Sora-Dragomir selbst und von ihrer Tochter.

In der Pause versammeln sich die Gäste um den gemütlichen Samowar und der Kalender findet fast schon einen reißenden Absatz (29 Stück). Wir hoffen mit dem Erlös die Druckkosten hereinzuspielen. Ein möglicher Gewinn kommt unserem Verein zugute.

Dann die mittlerweile 96-jährige Eva-Maria Birnhäupel-Hoppe. Erst vor ein paar Tagen sah sie aus dem Fenster: Da waren die grünen Bäume verschwunden. Schon floss ihr ein Gedicht aus der Feder. Humorvoll würdigt die Poetin den bunten Herbst und bezaubert alle.

Wenn gleichzeitig Handy und Kontaktlinsen den Geist aufgeben, muss das Gedächtnis herhalten. Zum Glück hat Lothar Thiel hier „nahe fahrt und dichter vers“ abgespeichert. Es handelt von zärtlichen Begegnungen im öffentlichen Nahverkehr wo der Autobus sich ganz natürlich auf Zungenkuss reimt.

Daran knüpft gleich Spomenka Krebs an. Lebendig und authentisch schildert sie die Begegnung mit einem Fremden in der Straßenbahn. Erst macht sie ein strenges Gesicht und bezweifelt, dass der Blick der warmen honigfarbenen Augen des Unbekannten ausgerechnet ihr gilt, doch dann... Ja, manchmal gibt es sie wirklich, diese kleinen poetischen Ausreißer mitten im Alltag.

Gute Laune verbreitet Maximilian Böck, genannt Max. „Hurra, hurra der Herbst ist da.“ Wir freuen uns gleich alle mit.

Die bairische Ballade von Hans Senninger spielt in Giesing oder besser in der Au, wo sich einer unterwegs Erleichterung verschaffen will und ins Klohäusl rennt. Als er feststellt, dass er in einem Kulturcafé gelandet ist, fühlt er sich genötigt zu bleiben und trinkt halt ein Glasel Söhnlein im Café Krönlein.

Chris Uray lässt uns an einer kosmisch weltgefächerten Gedankenwelt teilhaben. Eines der Poeme würdigt Lilith, die erste Frau Adams, die ihm viel zu eigenständig war und die der aus einem Körperteil des Mannes gefertigten Eva weichen musste.

Sophie Michels lyrische Wünsche an einen Freund versetzen mich wie eine Zeitmaschine in meine Kindheit, wo ich an der Isar herzförmige Kiesel suchte und aus Steinen Brücken in meine Zukunft baute – genau wie in Sophies Gedicht.

Eine Menge philosophischer Fragen nach dem Sinn des Lebens stellt sich Astrid Sherina Shaper. Doch indem sie sich diese Fragen stellt, beantwortet sie sie bereits.

Die jüngsten mörderischen Ereignisse in Halle haben unter anderem die Frage aufgeworfen, wer diese Taten zu verantworten hat. Sigrid Voss hat das Thema zu einem Liedtext verarbeitet und singt sonor: „Wer immer hetzt, dem glaubt man nicht...“ Gänsehautfeeling!

Quasi schon eine Tradition: Zum Abschluss der Chorgesang „Die Sonne von Giesing“. Den Text hat der Giesinger Dichter Friedrich Ani 2016 unserem Buch „München schillert“ beigesteuert. Letztes Jahr war unser Vortrag noch reichlich ungelenk, doch diesmal haben wir zwei fähige Leadsängerinnen: Sigrid Voss und Nataly Rajovic, die spontan mit ihrer hellen schönen Stimme einspringt. Ein stimmiger Abschluss.

Katharina

***

Danke

Münchner Stadtbibliothek Giesing für die Kooperation

Chris Uray für die Fotos

Allen Gästen und Poeten