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Poesie-Briefkasten
Wirtstraße 17
81539 München


10 Jahre Poesiebriefkasten

Am 15. September 2023 machte der Poesiebriefkasten das erste Mal die Klappe auf für Poesie. Jetzt gibt es ein buntes Jubiläumsjahr.

Der Theater-Spaziergang „Jedamo" zum Nachglühen. 20seitige Dokumentation mit vielen Fotos und Soft-touch-Umschlag. Erhältlich im Stadtteilladen, Tela 113  oder per Post (Schutzgebühr 3,50). Bestellen unter info (at) poesiebriefkasten.de


Im Rahmen des Theater-Spaziergangs „Jedamo" findet an der Ruine des Uhrmacherhäusls in München-Giesing eine Versteigerung statt. Das Publikum bietet mit. Mit Gspusi-Musi.




München schillert

Gedichte aus dem Poesiebriefkasten von 111 PoetInnen; Euro 14,90; Taschenbuch; Erhältlich bei amazon, Smart+Nett oder Ihrem Buchhändler; Infos


Isar-Poesie im Lehel

Über eine Rekord-Lisar freuen sich die Organisatorinnen von Münchens charmantestem und wohl längstem Bücherflohmarkt. Auf der schattigen Isarpromenade empfängt die Flaneure, ein wahres Schlaraffenland – soweit das Auge reicht. Von der antiken Bibelausgabe bis zum aktuellen Schulbuch – hier gibt’s alles, was irgendwann mal gedruckt wurde.

Mitten im Büchermeer: Ein rotes Zelt, vor dem Gedichtewimpel fröhlich in der angenehmen Brise schaukeln. Sie sind mit Werken aus dem Poesie-Briefkasten bestückt. Interessierte, Poeten und Zaungäste versammeln sich bei der offenen Poetenbühne. Erst gibts eine herzliche Begrüßung von Johanna Koch-Fehrmann, die beim Lisar-Team die Lesungen organisiert und heuer uns Poesieboten eingeladen hat. Dann gibts Poesie:

Karin Schreiber berichtet in anschaulichen Worten aus dem tönernen Bauch des Ammersees. „Und überhaupt,“ fragt sie, „Wie wärs mal mit einer Poesielesung dort?“ „Gern!“

Mitreißend und philosophisch beschreibt Claudia Westhagen die ganze Bandbreite der Liebe von der kindlichen Gier bis zum abgklärten Loslassen.

Helmut Gaber hat keine Angst vor Spinnen mehr, sondern hält Zwiesprache mit einem Wal und ein flammendes Plädoyer für die Rechte der Tiere.

Gleich bei ihrer Ankunft in München machte Elfie Hafner-Kroseberg die liebevolle Bekanntschaft mit dem Friedensengel, „Flügel wie Pfeile“. Klar, dass sie geblieben ist und uns heute mit ihren Gedichten erfreut.

„Heimat, wo soll ich dich suchen?“ fragt hingegen Yasemin Günay, denn eine Heimat, so selbstverständlich dies für die meisten Anwesenden ist, haben viele nicht. Später liest Yasemin noch ein besonderes Kleinod vor: Ein Gedicht, das, in einer altmodischen Handschrift geschrieben, in einem hübsch gebundenen Büchlein jahrelang versteckt war. Dies hat Yasemin kurz vor der Lesung auf dem Flohmarkt erstanden und den darin verborgenen Schatz entdeckt.

Kristiane Hehn erinnert mit ihrem „Isarbett“ sehr humorvoll – aber eigentlich ists ernst – an die, für die die Isar kein Freizeitparadies, sondern Wohnstatt ist.

Zum Frösteln – das an diesem herrlichen Sonnentag! – bringt uns die schaurige Moritat von einem, der beim Selfiemachen mit dem „Deppenszepter“ in eine Felsspalte fiel, gedichtet von Lothar Thiel, der die Idee zu dieser Ballade bei Matthias Politycki verortet.

Authentisch und anschaulich erzählt Katharina Bosnjak von der Emanzipation als einem „Leben ohne Glanda“ auf Hochdeutsch und dann, wie ihr der Schnabel gewachsen, auf Oberpfälzisch.

Astrid Schaper verrät Tricks, wie frau mit den vielfältigen Rollenerwartungen fertig werden kann. Tricks, die wir hier natürlich nicht publizieren.

Heiterkeit ruft Angelika Genkin hervor, als sie ihre äußerst angenehme luxuriöse Traumwelt beschreibt, aus der sie ein schriller Wecker in die beißende Realität zurückruft.

Auf der Suche nach dem eigenen Weg ist das verspielte, tapsige Braune-Bären-Ich in Madalinas Gedicht: „Schreib mir einen Satz!“, fordert es alle auf. „Wo ist mein Platz?“ ruft es. „Spiel einfach weiter,“ will ich ihm zurufen, „dann wird alles gut.“

Was genau ein „Sinngedickt“ ist und wie man es herstellt, weiß auf der ganzen Welt Karl-Ludwig Kuss allein und erklärt es allen. Irgendwie muss man dabei Wörter aus dem digitalen Papierkorb heraus in analoge Zeilen bugsieren...

Vera „Ratlos“ spricht auf wunderschöne reine Poetenart den Sternenhimmel an, den wir mit unserem roten Zeltdach ja fast schon über uns haben.

Zum Schluss macht Reiner Mayr eine Umfrage, wer denn wann das letztemal einen Maikäfer gesehen hat – da kann sich keiner recht erinnern – und lädt zum gemeinsamen Singen der altbekannten Maikäfer-Flieg-Weise ein, zu neu verfasstem Text versteht sich.

Während der ganzen Vorträge haben die Poeten fleißig Poesieschifferl gefaltet, sodass eine kleine Flotte von etwa 15 Schifferln zusammengekommen ist. Nach der Poesiebühne macht sich also noch ein Grüppchen Poeten auf den Weg zum Nordkap der Museumsinsel, um die Poeme vom Stapel zu lassen.

Der „Reißende Fluss“ umfängt die ungewohnte Fracht rauh, aber herzlich. Die Bootchen wackeln, kippen und strudeln. Doch keines geht unter. So klingt der erfrischende Poesie-Nachmittag für uns aus. Für einige Münchner Gedichte geht es weiter. Final destination: Schwarzes Meer.

Katharina Juli/2017

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Danke an Johanna Koch-Fehrmann und das ganze LISAR-Team für die tolle Organisation, die Gastfreundschaft und dafür, dass es in München einen solchen Bücherflohmarkt gibt.

Danke Egbert Kraus ©EK, Johanna Koch-Fehrmann ©JKF, Andrea Rihl ©AR für die Fotos.

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Mediengezwitscher