Flugs schoben die poetischen Biergartenbesucher vier Tische aneinander, für die Astrid eigene Tischdecken maßgeschneidert hatte. Brieftauben, das Logo der Poesieboten, steckten in verführerisch roten Äpfeln. Als einziger beherrschte Hans die Kunst einen Radi fachgerecht zu schneiden. Schnell gerieten alle ins Gespräch. Hoch über uns thronte die Versmaß. So wunderte sich niemand, dass die vorgetragenen Gedichte recht lustig waren.
Lothar gab Tipps wie man(n) keine Bikinifigur kriegt und Kristiane bewarb sich beim Tierpark als Elefant. Richard frischte seine Englischkenntnissse auf. Elisabeth ließ keinen Sozialneid aufkommen. Josefa verlas einen bezaubernden Gruß von einem Traum. Madalina drehte genüsslich an einer Schraube, die wie vom Himmel gefallen eines Morgens auf dem Frühstücksteller ihres Liebsten lag. Die Zauberblume Brigitte betätigte sich kreativ und fröhlich als Tischdeckenmalerin und Dichterin.
Manche vorgetragene Zeile ging nahtlos in die zunehmende Geräuschkulisse des Biergartens über und manche Poesiewillige haben uns in dem Gewimmel garnicht gefunden. Doch die Sonne lachte, die poetische Stimmung war heiter – geweint hat an diesem Nachmittag bestimmt nur der Radi.
Katharina, Juli 2017
***
s o m m e r p o e s i e von lothar thiel
vom baume fällt die lyrikspinne,
und jedem hüpft sie ins gesicht.
wir halten ein sekündchen inne,
doch registrieren wir sie nicht.
am holztisch sammeln sich die leute
zu kühlem trunk und wertem wort.
ein netz aus versen ist die beute,
dann zieht es alle wieder fort.
***
Danke Astrid für die selbstgenähten Tischdecken, danke Hans für die Fotos, weitere Fotos können geschickt werden.
***
tz und SZ empfehlen die „Harlachinger Einkehr – Biergerechtsame 1858“