Nach der freundlichen Begrüßung durch Gisela Motsch erhält Sophia Hochrein als „poetisches Geburtstagsgeschenk“ ein weißes Blatt: Symbol für die nächsten 30 Jahre Bibliothek. Das wird die frischgebackene, unternehmungslustige Bibliotheksleiterin mit ihrer sympathischen „Handschrift“ füllen.
Der Poesiebriefkasten erhält für seine 3jährige Tätigkeit eine Ehrenurkunde in Form einer poetischen Collage von Michaela Hug-Szajer. Danke!!! Brigitte Obermaier lässt es sich, als langjährige Besucherin der Moosacher Bücherei, nicht nehmen eine gedichtete Begrüßung vorzutragen. Nun sind die Besucher, darunter auch Elfriede Schlierf, Witwe der Giesinger Poetenlegende Werner Schlierf, gespannt.
An den Amoklauf vor drei Monaten gleich gegenüber im OEZ, den einige Poeten fast live miterlebten, erinnert Madalina Sora-Dragomirs nachdenkliches Gedicht. Man braucht nicht nur einen Schutzengel, man muss auch auf ihn hören! Erika Kiechle-Klemt hat während einer Krankheitsphase an Menschen in Not gedacht und dies in ein mitreißendes Gedicht gefasst. Eva Maria Birnhäupel-Hoppe überzeugt, knapp und kräftig, mit einem komischen Arztbericht. Federika Langer sieht die Welt durch dichterische Kinderaugen, ein Haus als Ei und andere bezaubernde Verrücktheiten. Michaela Hug-Szajer hat sich in die Mutter eines Soldaten, der gegen die Taliban kämpft, versetzt – keine Mutter auf der ganzen Welt würde anders fühlen!
Was bleibt von der Schokotorte? Eh, nur wieder Krümel? Bernd Marstaller sinniert lukullisch auf der Praterinsel. Das ewige Duell zwischen Mann und Frau als Duett zwischen Klavier und Gesang – als Tango. „Ist das Brecht?“ fragt eine Zuhörerin. „Nein Thiel, Lothar Thiel.“ Musikalisch sorgt Kristina Kuzminskaite mit ihrer starken Komposition, ihrem fulminanten Spiel und ihrem expressiven Gesang für den „brechtoiden“ Anklang.
Ein Traum wird Realität, ach, nein ein Reim? Auch nicht wirklich. Also, jedenfalls stellt K-L Kuss eine neuartige Erfindung vor, mit der Fernsehzuschauer langweilige Serien einfach aus dem Gedächtnis herausätzen können. (Habs gleich mal bei „Walking dead“ ausprobiert – hat funktioniert!)
Bücher über Bücher - Lena Schmidt zelebriert eine leidenschaftliche Ode an den Buchhandel. Pascal Hilgendorf erzählt spitze kleine Anekdoten aus dem „Penner“-Leben.
Pause muss sein: Bei einem leckeren Federweißen kommt locker poetische Plauderstimmung auf. Jürgen Schäfermeyer zeichnet Poesie und einige Gäste füllen das bereitliegende Poesiealbum mit Versen. Zettel für ein dadaistisches Gemeinschaftsgedicht werden eingesammelt.
Rot und schwarz gewandet, Dionyso di Kinski und Achmed Samun, setzen körperlich und sprachlich kräftige Akzente: „Freiheit muss man sich erkämpfen“. Oh ja!
Ein zerfetzter hellblauer Pulli gibt Zeugnis von Brigitte Obermaiers verflossener Liebe. Angelika Genkin, darüber sind die Zuhörer glücklich, traut sich und singt a capella einen traurig betörenden Minnegesang. Anton Weigand bannt uns in eine märchenhafte und erotisch verführische Natur. Tania Rupel Tera verliest eine bedrückende Liste von 1 bis 10, eine betroffen machende Steigerung von Entwurzelung. Heini Almstätter hat sich das Motto des Abends „Moosach schillert“ zu eigen gemacht und trägt eine augenzwinkernde, bayerische Bürgschaft vor. Horst Becker denkt paradiesisch klar und lässt uns dabei mitfühlen.
Verwelkte Blüten entfalten bei Markus Schimpfs süßem Herbstgedicht ihren Duft. Wir lachen uns schlapp als Heidi Mergener genüsslich den einzigen Juroren eines komischen Dichterwettbewerb sich totlachen lässt. Hihi, recht geschieht ihm! Keinen Filmriss hat Hans Senninger ghabt. Er zählt uns minuziös auf, was er mit seinen Tischgenossen beim großen Rausch auf der Wiesn erlebt hat. Deftig, deftig!
Traurigkeit heißt Claudia Westhagen willkommen und verwandelt sie damit in eine klare Quelle der Kraft. Poesie verleiht einfach Flügel, meint Jürgen Schäfermeyer. Ein „München Bossa“, gesungen von Lothar Thiel, schließt das heutige Feuerwerk an Poesie ab. Es war saukomisch, todtraurig und nachdenklich. Die Klänge von Konrad Zinners lässig hingeworfenen Akkorden – sie lassen uns nahtlos von Poesiestimmung in eine nächtliche Pianobar der Fantasie hinübergleiten. „Machs noch einmal, Konrad!“, wollen wir rufen und „Mach weiter so, Stadtbibliothek Moosach!“
Oktober 2016, Katharina
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Danke der Stadtbibliothek Moosach für den unvergesslichen Abend!
Als weitere Erinnerung liegt in der Stadtbibliothek ein Poesiealbum aus, in das jeder etwas reinschreiben oder reinkleben darf.
Danke allen teilnehmenden PoetInnen und Poeten, den Pianisten Kristina Kuzminskaite und Konrad Zinner sowie den Schauspielern Sachmet Amun und Dionyso di Kinski - Ihr alle habt den Abend zum Strahlen gebracht.
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