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Poesie-Briefkasten
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81539 München

Gedicht des Monats

Februar 24


10 Jahre Poesiebriefkasten

Am 15. September 2023 machte der Poesiebriefkasten das erste Mal die Klappe auf für Poesie. Jetzt gibt es ein buntes Jubiläumsjahr.

Der Theater-Spaziergang „Jedamo" zum Nachglühen. 20seitige Dokumentation mit vielen Fotos und Soft-touch-Umschlag. Erhältlich im Stadtteilladen, Tela 113  oder per Post (Schutzgebühr 3,50). Bestellen unter info (at) poesiebriefkasten.de


Im Rahmen des Theater-Spaziergangs „Jedamo" findet an der Ruine des Uhrmacherhäusls in München-Giesing eine Versteigerung statt. Das Publikum bietet mit. Mit Gspusi-Musi.




München schillert

Gedichte aus dem Poesiebriefkasten von 111 PoetInnen; Euro 14,90; Taschenbuch; Erhältlich bei amazon, Smart+Nett oder Ihrem Buchhändler; Infos


Toleranz! Lyrik-Café im Gasteig

Zum zweiten gemeinsamen Lyrik-Café der Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig und der Poesieboten kamen gut 100 Besucher und etliche Zaungäste gesellten sich dazu. Judith Klee (Stadtbibliothek) und Claudia Westhagen (Poesieboten) heißen alle herzlich und charmant willkommen.

Dann eröffnet Angelika Genkin den abwechslungsreichen Poetenreigen mit einer anrührenden a capella gesungenen Ballade. Maria Sperber greift die aktuelle Flüchtlingsdiskussion auf und schenkt ihrem Nachbarn, von wo auch immer er herkommt, ein Lächeln. „Mensch-sein heißt bunt sein.“ – So Erika Kiechle-Klemts farbenfroh illustriertes Plädoyer für eine Regenbogengesellschaft. Apropos bunt: Jeder Dichter erhält eine symbolische Würdigung in Form von bunten Schoko-Pastillen.

Great: Mit einer kurzen Donald-Trump-Parodie amüsiert Peter Vogel (PeVo) und begleitet sich dabei selbst auf der Mundharmonika. Jeder ist aufgefordert einen eigenen Titel zu Yasemin Günays Gedicht zu finden, das seinem Gegenüber tief in die Seele blickt. Yasemin zieht auch als Losfee die drei glücklichen Gewinner der letzten drei Bühnenplätze.

An „those who are still alive“ richtet sich Emily Byrons ergreifendes kurzes Poem. Wer würde dabei nicht an die denken, die nicht mehr sind? Temperamentvoll fordert Eva-Maria Birnhäupel-Hoppe Toleranz für den Heinz. Denn der liebt den Hans!

Er hatte nach dem Lokal-Derby (1860 gegen Bayern) vor zwei Wochen kein blaues Trikot an und erlebte Intoleranz am eigenen Leib. Martin Mairhofers Gedicht bleibt dennoch ein ausgewogener souveräner Beitrag zum Thema und sorgt dafür, dass wir uns von Intoleranz nicht beirren lassen. Eine spielerisch-assoziativ formulierte Toleranz-Trilogie bringt Madalina Sora-Dragomir vor, denn Toleranz anderen gegenüber setzt Selbst-Toleranz voraus. In diesem Sinne trägt Birgit Oswald ein emotionales Gedicht voll überströmender Liebe vor.

In der kurzen Pause bestaunen die Zuschauer die Gedichte-Ausstellung, blättern in dem, von Michaela Hug-Szajer zusammengestellten Folianten von der Poesieboten-Aktion im ASZ Harlaching, im Gedichteband „München schillert“ oder sie stöbern im lyrischen Angebot der Stadtbibliothek. Dabei genießen sie den relaxten Piano-Sound von Konrad Zinner.

Dieser hat auch zusammen mit Christoph Bückers die Musik zum darauffolgenden „München-Bossa“ komponiert, cool swingend vorgetragen von Lothar Thiel, der angesichts des Inhalts einer Damenhandtasche (vom Wimpernvereiser bis zum Männchenauswähler) in komischer innerer Verzweiflung um Toleranz ringt. Peter Rubin hingegen bewundert und bedichtet die Evas dieser Welt mit seiner „Ode an die Frau“. „Lem und lem lassen" lassen – die liberalitas bavariae fordert dies. Bei der „bayrischen Toleranz“ von Hans Senninger schwingt jedoch immer auch ein Quantl Ironie mit, z.B. wenns um die Oberpfälzer geht.

Nicht nur Toleranz, sondern Akzeptanz fordert Nuria Glasauer. Die 16-Jährige entlarvt in ihrem atemraubenden, wie mit Bleistiftspitzen stechenden, Vortrag ein Klischee ums andere. Diese beruhen darauf, Menschen nach ihrem Aussehen – Ist die Hautfarbe nicht weiß genug oder die Turnschuhe? – zu bewerten. Nuria erntet tosenden Beifall.

Premiere für Adeel Yawar, der sein erstes englisches Gedicht geschrieben hat. Adeel kommt aus Pakistan und schreibt sonst in Urdu. Viel Hoffnung und Glauben strahlt sein warmherziger Vortrag aus. Selbst sehr wohlgereimt und wortwitzig fordert Karl-Ludwig Kuss Toleranz für Ungereimtes und nimmt die „Macht am Reim“ mit eigener Exekutive, der Reimpolizei, aufs Korn.

Die Grenzen der Toleranz lotet Astrid Schaper aus. „Willst du weniger Tuch und mehr Gesicht?“ Dabei landet man schnell bei Engstirnigkeit. So fragt sie, warum man nicht jedem das Seine lassen kann. Eine Stegreif-Übersetzung eines Jacques-Prevet-Gedichts vollbringt Ildico Nienstedt, die bei ihrer wechselvollen Vita fast automatisch tolerant und offensichtlich humorvoll geworden ist.

Ein Gedicht als Übermittler: Claudia Westhagen begegnet uns in Freundlichkeit, sowohl inhaltlich als auch in ihrer Ausstrahlung. Sie reicht damit weiter, was ihr selbst von ihrer Großmutter gegeben wurde.

Auf eine abenteuerlich-mythische Reise durch den abstrakten Kontinent der Poesie von den Tiefen des Meeres bis zu den Gewittern der Psyche nehmen uns Arturo Luis Galleguios und seine Frau Angela in einem abwechselnd spanisch und deutsch vorgetragenen Epos mit. Ein tolles Team!

Zum Abschluss begleiten wir Ulrike Brandl auf ihrem rasanten, rapartigen Trip durch ihre letzten 66 Jahre. Dabei versprüht sie soviel zeitgeschichtlichen Zeitgeist, dass gerade die älteren Zuhörer vor lauter Aha-Erlebnissen gar nicht mehr zum Verschnaufen kommen.

Bravo! Ihr Poetinnen und Poeten, ihr habt gezeigt wie spannend, lustig, nachdenklich, anstrengend, schmerzhaft und unterhaltsam Poesie zum Thema Toleranz sein kann!

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Danke:
Stadtbibliothek Am Gasteig für die wundervolle Zusammenarbeit
Egbert Kraus für die hervorragenden Fotos
Konrad Zinner für die kongeniale Piano-Begleitung
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Das Lyrik-Café fand im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen den Rassismus 2017“ der Landeshauptstadt München (11.–28.3.2017) statt. Zum Gesamtprogramm gehts hier

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…möchte ich der Katharina mal gratulieren…zu voll gepackten und eben so spannenden und sehr gut besuchten Stunden der Poesie… von 17-19 Uhr wurden Gedichte vorgetragen - in einer beeindruckenden Vielfalt und das war das Besondere für mich, auch die Jüngeren waren bestens vertreten. Katharina Schweissguth führte souverän durch die Lesung in den Räumen der Stadtbibliothek München im Gasteig, von mir aus hätte das gut und gerne noch länger dauern dürfen… PeRu, Dd... "Alles ist Poesie!" (via FB)
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Mediengezwitscher