Wolfgang Faber ist mittlerweile etwas geknickt, da die Garderobe, die er tags zuvor in einer halsbrecherischen Kraxelpartie aus einem Obergiesinger Speicher geborgen hat, unter der Last der Wintermäntel zusammengebrochen ist. Doch dann bringt sein farbenfrohes, weil von einem Kandinski-Gemälde getriggertes, Begrüßungsgedicht Feierlaune.
Die Gäste stärken sich bei einem sehr appetitlichen Büffet und stoßen auf die erste poetische Ausstellung im Spix an: Das Motto „Treibgut Poesie“ hat Brigitte Obermaier zu einem Wolkengedicht inspiriert, das sie auf ein Blatt Papier kalligrafiert, gleich der Ausstellung hinzufügt. Hier gibt es schon allerhand zu bestaunen: ein Gute-Wünsche-Bäumchen von Michaela Hug-Szajer oder Fundstücke und Treibholz mit Gedichten zusammenkomponiert, im Schaufenster schwebt ein Lyrikengel umgeben von Gedichten über einem echten Zwergenmotorrad. Klaus Schönitzer, Zoologe und Spixbiograf, steuert dem „Altar der Achtsamkeit“ einen Aufsatz zum Schicksal von Juri und Miranha bei. Die beiden indigenen Jugendlichen waren vor 200 Jahren von dem Natur-Forscher und Namensgeber Spix von Brasilien nach München gebracht worden, wo sie bald gestorben sind. Der Altar soll ein Zeichen des Respekts gegenüber der symbiotischen Einheit von Mensch und Natur sein.
Gekommen sind Nachbarn, Poesieboten, Neugierige: Auf den Abend verteilt über 40 Menschen. Wundervoll zusammengebunden haben diese Vielfalt Carolina und Joao Araujo mit Gesang und Gitarre. Rhythmisch und dezent, aber immer intensiv interpretieren sie eigene und überlieferte brasilianische Musik. Über die Sprachbarriere hinaus verstehen alle die poetische Kraft ihrer Texte.
Dazwischen treten Poeten auf: Günter Müller bewegt uns mit seinem Weihnachtsgedicht, das statt an Rührseligkeit, an die Verantwortung der Mächtigen zum Frieden appelliert. Madalina verbreitet federleichte Weihnachtstimmung. Das geht auch ohne Weihnachten, wenn wir mit den Schneeflocken Wiener Walzer tanzen. Patricia Colchado dichtet in ihre Muttersprache Spanisch und auf Deutsch gleichermaßen wuchtige und ergreifende Worte, die sie auch mit feinem Strich illustrieren kann, wie ihr mitgebrachter Lyrikkalender zeigt. Ein aufreizendes rotes Kleid begleitet Angelika Genkin über die Jahre und sorgt zu unserem Vergnügen für eine gedichtete Fortsetzungsstory.
Währenddessen animiert Astrid Schaper die Gäste an einem SPIX-Akrostichon aus ausgeschnittenen Buchstaben mitzubasteln, das nun fröhlich als Mobile an der Wand baumelt.
Kaum zu glauben, an diesem Ort und Abend voll blühender Fantasie: Da war vorher nix! Und jetzt ist da das „Schbix“, stellt Hans Senninger in seinem Gedicht – lakonisch bairisch – wunderbar dar. Am Ende überrascht noch Lothar Thiel mit einem punktsymetrischen humorvollen Trinkspruch, das Dichter mit exotischen Vögeln vergleicht und einen designierten Landesvater einem Reim zuliebe umbenennt. Damit haben wir ja schon fast das Motto für die Finissage, Anfang Februar.
Ein bisschen plaudern noch die letzten Gäste, wie es wohl weitergehen könnte mit dem Spix: Ein Platz mit X, wobei für die Unbekannte Kreatives einzusetzen ist – vielleicht von dir, liebe Leserin, lieber Leser.
***Die Poesieboten danken***
- Bezirksausschuss 17, Obergiesing-Fasangarten für die Förderung
- Kunsthistorikerin Dr. Ingrid Gardill, für die Einführungsrede
- Carolina und João Araújo für die musikalische Darbietung
- Michaela Hug-Szajer und Wolfgang Faber für ihren kreativen Einsatz beim Aufbau der Ausstellung
- Gaëlle Numa Oesterle für das Büffet
- Thomas Schwarz für die Fotos
- Allen PoetInnen und Gästen
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Wann: Vernissage, Donnerstag, 7. Dezember 17–20 Uhr
Poesie-Ausstellung 7. Dezember 2017 bis Anfang Februar 2018
Öffnungszeiten: Donnerstag, Freitag 15–19 Uhr
Wo: Tegernseer Landstr. 155, Eingang Spixstr.
Tram 15, 25, Bus X30 Tegernseer Landstr.; Bus 54 Spixstr.; U2 Silberhornstr.
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