Ein bisserl eng war's. Alle Plätze waren besetzt. A b e r schööön war's, wirklich spannend und sehr unterhaltsam bei der Vernissage, nachmittags, am etwas schwülen Donnerstag, dem 07. August über`m Auermühlbach im ASZ (Alten- und Servicezentrum). Nein, Bilderausstellung war das keine, sondern eine Ausstellung über und mit viel Poesie.
Die Mehr-Platz-zum-Leben-Sprecherin Melly Kieweg hat zusammen mit der Künstlerin und Poesiebriefkasten-Kuratorin Katharina Schweissguth einen weiteren Teil der selbst verfassten Gedichte und der Lieblingsgedichte von Giesinger- und anderen Münchner Mitbürgerinnen und Mitbürgern zum bereits viertenmal auf Wanderschaft geschickt.
(Wer`s noch immer nicht weiß: Seit dem 16. September 2013 macht Deutschlands erster Poesiebriefkasten seine große Klappe auf - aber nur für Poesie.
Er nimmt Bayrisches, auch anderes Mundsprachiges, - genauso Fremdsprachiges - , Lustiges und Trauriges, Normales und Verrücktes, Braves und Verruchtes, Verliebtes und Vergangenes, Gereimtes, Geraptes, Gesungenes, Ehrliches und Gelogenes, Gedrucktes, - am liebsten Handgeschriebenes - , ob auf dem Schmierzettel, der Serviette oder auf Handgeschöpftem, mit oder ohne Schnörkel, gerne auch verschönt durch Farbe, Gezeichnetes, Gemaltes, Fotografiertes, Gestaltetes, Gefaltetes, Geklebtes, - Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt).
Aber nun wieder zur Poesie-Vernissage: Ein wenig verspätet, da die Presse vorab schon etwas neugierig war, gings`s nach 2 kurzen Einführungsreden los mit dem Gedichtevortragen. Man ist immer wieder erstaunt, daß es doch so viele Menschen gibt, ob Männer oder Frauen, ob Jung oder Alt, die sich für Poesie interessieren. Es wurden ganz unterschiedliche Gedichte vorgetragen, es gab zu schmunzeln und zu lachen, es ging beispielsweise um die Liebe zu München von einer 95-jährigen sehr rüstigen und resoluten Dichterin, die München niemals eintauschen würde , "...nicht gegen Hawai und nicht gegen Teneriffa oder Borneo..."
Ein älterer Herr begann so: " Im normalen Leben war ich tagsüber Statiker, jetzt bin ich nachts Dynamiker..." Viele Gehirne überlegten sich, was er damit meine, - aber dann kam ja sein Gedicht.
Eine Dame moderierte ganz verliebt über ihr eigenes Ohr. Es war direkt bezaubernd, wie sie mit ihm flirtete und sich von ihm wünschte, so noch lange bei ihr zu bleiben. Sie konnte garnicht mehr aufhören, was ihr liebes Ohr so alles kann. Es war köstlich!
Eine junge Bulgarin trug ein wunderschönes Liebesgedicht erst in ihrer Heimatsprache, dann ins Deutsche übersetzt vor.
Ein, wie er sich selbst beschrieb, "Opa", trug ein lustiges, kurzes Wortspiel für sein kleines Enkelkind vor und ein noch anderes sehr nettes Kindergedicht.
Ein anderer Herr holte spontan seine Gitarre aus dem Auto und sang "Ännchen von Tharau" mit dem von ihm verfremdeten Text.
Eine andere, sehr lebendig-spontane, Dame, ganz farbig gekleidet, trug ihr selbstverfasstes, sehr inniges Gedicht "Liebeszauber" vor, wo sie sich wünscht, dass "er" ihr nochmal den Mund wund küsst, ihr sagt, dass sie schön ist, sie halt noch tausendmal lieben soll... Wau, himmlisch!
So hätte es immer weitergehen können, die Zeit war leider zu kurz für noch mehr. Dann, mit einem Gläschen Sekt ging`s hinauf in den 1. Stock zur Ausstellung der Gedichte. Es gab viel zu lesen und zu schauen. Die geschriebene und gedruckte Poesie war übersichtlich und fein geordnet in Augenhöhe angebracht. Alle Freiplätze, um mitgebrachte Gedichte hinzupinnen, wurden von den interessierten Poesiefreunden rege benutzt. Man kam ins Gespräch, tauschte E-Mail-Adressen aus, ein letzter "harter Kern" ging noch in einen bayrischen Biergarten in der Au, bis ihn der starke Regen ins gemütliche Wirtshaus trieb. Auch dort verblieb noch "Poesie im Kopf".
G. Michaela Hug-Szajer
Fotoalbum „Gesichter einer Poesie-Schau“