Er gab ihr einen Kuss,
versprach ein Wiedersehen in der Traumwelt,
schenkte ihr eine Taube und ging fort.
Verließ Heimatboden, Land und Leute
Wurzeln
Träume
Geliebte
Alles.
Weil das Böse eine Wand zwischen Gestern und Heute
Heute und Morgen
Glauben und Wissen gebaut hatte.
Weil der Platz des Daseins von einem unglaublichen Krieg Monster auf einmal besetzt wurde.
Da er der älteste Sohn war, schenkte ihm die Familie die Gesamtersparnisse und schickte ihn in die andere Welt.
Die der Hoffnung, der Gerechtigkeit.
Die des Wohlstandes.
Die Flucht dauerte monatelang. Es gab viele Zwischenstationen.
Da traf er viele Menschen, Schicksale. Teilte mit ihnen Bett und Nahrung, Freude und Angst. Trauer und Hunger. Hoffnung.
Die Taube begleitete das getrennte Paar, flog von einem zum anderen und spielte den Postboten.
Die Lage in ihrem Land verschlechterte sich Tag für Tag. Der Krieg war grausam. Die einzige Hoffnung: das Glauben, dass er es schafft und sie dann auch in die Märchenwelt holt.
Nach vielen Abenteuern und Tausenden von Kilometern kam er an der Grenze des Schlaraffenlandes an.
Viele Tausende von Menschen befanden sich schon auf der anderen Seite.
Als er dran war, blieben die Türen der Mauer verriegelt. Man sagte ihm, er sollte bitte doch morgen wieder kommen.
Seitdem steht er jeden Tag vor der Tür und wartet.
Und schreibt seiner Geliebten.
Die Taube fliegt hin und her.
Und die Briefe werden immer kürzer
Und rarer
Die Bomben auf der einen Seite lauter
Die Geduld auf der anderen Seite leiser
Und die Taube arbeitslos
ENDE?
von Madalina Sora-Dragomir